85. Tag

Flug nach Christchurch/South Island/Neuseeland. Vorher: Telefonkarte mit Schatz leertelefoniert, die letzte Briefmarke an den Ludl geschickt und verschiedenes anderes erledigt. Air New Zealand ist eine halbe Klasse schlechter als Quantas (war zwar eine QF Flugnummer, aber ein ANZ aircraft), das Bordentertainmentsystem hatte einfach keinen vernünftigen Ton, das Essen war, bis auf den warmen Teller, eisig kalt, ebenso das Besteck, der (preisgekrönte!) Wein war gut, riß mich aber auch nicht vom Hocker, und das Naschpaket war bei Quantas viel besser. In Christchurch habe ich mich dann zunächst geärgert, daß ich nicht mehr Zeit hatte, das Int Antarctic Centre anzusehen, das direkt neben dem Flughafen liegt, und bin dann in das falsche Hotel eingecheckt. Besonders blöd, weil dieses nicht geheizt ist (die Nacht war so kalt, daß meine Uhr stehengeblieben ist, obwohl die Batterie noch pfenningguat ist).
Dann bin ich ein bissl in Christchurch rumgehetzt, habe ein nettes Café gefunden (6 Tassen Tee für 2.50 $!), wo ich dann auch gleich zum Abendessen blieb, und dann weiter ins Coffeehouse, schnieke, so wie man sich ein Coffeehouse vorstellt, gemütlich, ein paar Zeitungen, ein Kaminfeuer, viele verschiedene Kaffeesorten, bissl an Kuchen und Kekse, einfach nett.

86. Tag

Erst um 10 aus dem Bett gekommen, weil die Uhr eine Stunde vor dem Alarm eingefroren ist, eine ziemlich mäßige Dusche gehabt, und jetzt auf zum Schlafsack kaufen und Christchurch ansehen sowie entscheiden, was ich die nächsten Tage mache. Jetzt gerade sitze ich (an einem traumhaften Spätherbsttag!) im Gopal's, einem vegetarischen Restaurant von Hare Krishna. Sehr billig, sehr gutes Brot, und ideologiefrei. Zu sowas kann ich öfter gehen.
Ganz Christchurch hat ungefähr 7 Shops, die Schlafsäcke verkaufen, immer die gleichen Marken: Macpac, F??????? und Domex. Ich habe dann schließlich den Domex Tundra für 130 die beste Offerte gefunden, packt relativ klein für einen Synthetikbag, aber natürlich nicht so klein wie ein Daunenbag. Dazu noch Handschuhe, Thermounterwäsche, ein Teller, eine gefriergetrocknete Mahlzeit und ein paar wasserfeste Streichhölzer. Vorher hatte mir Alex vom Information Centre geholfen, einen Plan für die nächsten Tage zu bekommen: morgen nach Akaroa, um den Banks Peninsula Track zu laufen, danach nach Kaikoura zum Whale Watching (Swimming with Dolphins ist zu kalt). Leider bin ich dort meiner Niveaflasche verlustig gegangen: eigentlich wollte ich sie mir im Body Shop nachfüllen lassen, machen sie aber nicht. Also mußte ich mir eine neue Flasche kaufen. Schade: diese angedeutete Art-Deco-Flasche hatte mich schon nach Italien begleitet, immer wieder original refillt. Warum habe ich es eigentlich nicht selber umgefüllt? Sad, aber vorbei ist vorbei. Kurz vor Toresschluß bin ich an einem Laden vorbeigekommen, der sich "Bavarian Art of Chocolate" nannte: kurz reingelaufen, "Grüß Gott" gesagt, und eine Stunde lang mit den Eigentümern geplaudert: ein Ehepaar aus Würzburg, Konditoren, die Schokoladenkutschen und sonstige feine Dinge herstellen. Sie sind Anfang des Jahres ausgewandert und haben den Shop seit 4 Wochen offen, aber er läuft noch nicht richtig, sie halten sich gerade so auf Null mit den Unkosten. Wird aber wohl noch besser. Abends bin ich dann in "Cold Turkey", eine 1995 NZ Raucherentwöhnungskomödie, nett, aber ohne jede Überraschung.

87. Tag

Der Schlafsack pur hält auch nicht so warm, aber mit dem Schlafsack und noch ein paar Decken drüber paßts schon. Umgepackt für den Trek, für nachher ins YHA umgezogen, Christchurch Museum angeschaut (ganz nett, und größer, als man vermuten würde), McDonnell Art Gallery besucht (Kiwiana und eine Aucklander Malerin aus den 30ern bis 60ern, Modernistin) und den Rutherford Den, das erste Labor von Ernest Rutherford (jaja, er kommt aus Christchurch!). lp Oz und ein paar andere Pamphlete heimgeschickt, Seeweg. Hier im Foodcourt (wieso gibt`s sowas eigentlich nicht bei uns?) Canneloni gegessen, gut, aber wenig. Jetzt sollte ich dann noch einen Supermarkt finden, einen Kaffee+Kuchen abgreifen und dann muß ich langsam nach Akaroa.
Wo ich dann im Supermarkt einkaufen war, weils in Christchurch im Zentrum einfach keinen gab. Den Abend verbrachten wir dann schon auf der ersten Hütte, naja, in der Schweiz hieße das wahrscheinlich Chalet, neu, mit Gaslampe, Gaskocher und Küche. Wir, das ist zunächst Charlie aus Hamburg, der sich in letzter Sekunde noch für den Trip entschieden hat, und Sue und Scilla, die sich vier Tage Zeit lassen. Die beiden sind Lehrerinnen aus Christchurch, und haben uns ein bissl was über die neuseeländische Mentalität erzählt, jeder kennt jeden, jeder hilft jedem, jeder vertraut jedem, ein kleines Idyll, in dem nicht einmal die Polizisten eine Waffe tragen.

88. Tag

Trekking. Der Tag ist passabel zum Laufen, bedeckt, aber warm, und geht gleich gut los, ein Aufstieg von 200 auf 699 m. Gute Aussicht (wenigstens). Nicht mal allzu windig. Dann im wesentlichen wieder bergab. Durch ein Tal mit Regenwald und Wasserfällen zur Lunchhütte, gemütlich, mit einem alten Röhrenradio (4-0! Dirty Dennis (Connor) was kicked in the ass again! [Der America's Cup und speziell der Gewinn desselben war ein Riesenereignis hier!]) und moderner Sanitärausstattung, und einer Bank draußen zum lunchen. Weiter über ups and downs 3 oder 4 mal die Klippen hoch und runter (jew. ~ 200 m), eine Höhle mit Seehunden angeschaut, die Bank am Ende der Welt gefunden und schließlich in so etwas wie ein kleines selbstgezimmertes Feriendorf gekommen, ein (gutes, aber nicht sonderlich füllendes) Nachtmahl gehabt, und jetzt werden wir uns wohl einer der Attraktionen hier hingeben (wenn wir das Feuer ans Laufen bringen), dem bath under the stars, einer holzbeheizten Badewanne im Freien. {Herr Doktor Klöbner! - Herr Müller-Lüdenscheid!}
Geil! Es braucht zwar unendlich lange, bis es warm ist, aber dann... Man kippt zwischendrin immer wieder kaltes Wasser nach, weil es sich von selber so aufheizt! Doch einfach anders als normale Badewannen. Nur aufpassen muß man, wo man sich hinsetzt: in der Mitte brennt das Feuer, das verbrennt gerne schnell wichtige Teile des persönlichen Wohlbefindens.
Überhaupt ist das ganze Dorf gebaut wie die Dörfer der ersten Siedler um die Jahrhundertwende. Kleine Cottages mit Holzofen zum Heizen, die (modernen) Toiletten in aus rohen Brettern zusammengezimmerten kleinen Häuschen (in den Alpen wären da wohl kleine Herzen aus der Türe ausgesägt), ein kleiner Shop, in dem die Ware und das Geld einfach ausliegt, jeder soll doch bitte selber aufschreiben, wieviel er für was gezahlt hat... Eine Dusche gab's auch, aus rohen Brettern an einen Baum genagelt, der weiter oben einen Wassercontainer hielt, trotz des low-tech-approaches war die Dusche dann aber elektrisch beheizt. Auch in Details war es wie früher: unsere Hütte hatte einen Garten und ein Gartentürchen. Trotzdem hatten wir fließend Wasser und einen Gaskocher. Einer der definitiv stylishsten places für Touris, die ich bisher gesehen habe; warum habe ich eigentlich nicht mehr Dias gemacht? (Charlie hat nochmal nachgerechnet, er war gestern den 89. Tag unterwegs... wir sind beide am 13. 2. weggeflogen, aber er zählt den 13. schon als 1. Tag, während es bei mir mit dem 14. beginnt.)

89. Tag

Harter Tag. 16 km, etwa 1200 Höhenmeter, und das alles unter Zeitdruck bis 340, bis zum Bus. Ein paar mal hatten wir Begleitervögel dabei, jeweils einer, die Größe eines Spatzes, aber blau und mit langen Schwanzfedern, der uns für jeweils etwa einen halben km begleitete: fliegt 3 m, sitzt da, kuckt, fliegt 2 m, etc. Was er eigentlich wollte, haben wir nicht rausgekriegt. [Viel später habe ich dann erfahren, daß der Vogel auf die Insekten scharf ist, die wir großen Tiere aufstöbern.]
Hm, die erste halbe Etappe hatten wir noch unter 2 h geschafft, aber dann wurde es hart, von sealevel auf 590 m. Immerhin war traumhaftes Wetter, Sonne, nicht zu heiß, nicht zu windig, einfach perfekt. Jedenfalls habe ich's (und war dann auch ziemlich) geschafft, auch wenn mir jetzt jeder Muskel im Leibe schmerzt (speziell die Wadln).
Danach: die Gratistasse Kaffee mit einem Panforte verstärkt, Bus nach Chch, ins YHA eingecheckt, Wäsche gewaschen, gegessen, schreiben. Zwischendrin wieder umgepackt. Jetzt: schaun mer mal. Wohl nicht mehr ausgehen.

90. Tag

[Ogni tanto paga di parlare altre lingue: der italienische Koch hier macht mir zu den Spaghetti arrabiata gratis noch ein pane dazu. Grazie!]
Kaikoura. Früh morgens nach Kaikoura, praktisch die ganze Fahrt im Minibus gefroren und geschlafen, dann ins YHA eingecheckt, was ein Blödsinn war und auf Fehlinformation beruhte, das Whale Watching geht direkt im Tour Centre los und nicht von der Wharf. [Pappsatt: schon fast reihersatt. Brucente!] Jedenfalls: Whale Watching.
1200, kleines Boot. Kann ich nur empfehlen. Alles andere ist kalter Kaffee. Und Shotover Jet oder White Water Rafting kann ich mir jetzt auch sparen. Daß ein Schlauchboot diesen speed entwickeln kann, fliegen über die Wellen und so; aber mit den zwei fetten Außenbordern ist so ziemlich alles möglich. Mordsfun, speziell auch wegen des Wetters, kaum windig, schöne Herbstsonne, geringer Seegang, einfach perfekt.
Zu den Walen: das nächste Mal nache ich das aus der Luft. Vom Boot aus sieht man doch recht wenig, keine features vom Kopf, und die Schwanzflosse auch nur das eine Mal beim Abtauchen. Zwei Sperm Whales haben wir gesehen, jeden zwei Mal, Drupieflukes und Black Magic (dessen Namensvetter am selben Tage vor San Diego Dennis the Menace endgültig versenkt hat, ein Riesenereignis hier). Sie tauchen für etwa 45 min, und reoxygenieren das Blut dann für 5-6 min. Immerhin habe ich 1 1/2 Filme verbraten, da sollte dann doch das eine oder andere vernünftige Dia dabeisein.
Am Ende gab es dann noch einen Abstecher zur Seehundkolonie an der Straße nach Chch, auf zwei Felsen. Die sind ganz schön gut getarnt, die Biester. Aber irgendwie auch ganz nett. Aber trotzdem nicht so mein Ding. Schwimmen mit Seehunden hatte ich empfohlen bekommen, viel billiger und auch besser als Swimming with Dolphins, aber nachdem ich sowieso schon ernsthaft erkältet war (und noch bin), hab ich's dann doch sein lassen.
Lange zurückgelaufen, dabei gefuttert und bissl eingekauft. Abends dann den lp durchgeackert, und einen preliminären Plan gemacht.
Später habe ich mich dann bei der Internatsklasse aus Picton (alles Pacific Islanders: viel Schwärzer, als ich gedacht hätte!) beim Trivial Pursuit (Oz+NZ-Edition) eingeklinkt. War lustig.

91. Tag

Geschlafen bis 920, und subsequently furchtbar zum Bus gehetzt. In Chch dem Wizard begegnet und einen gefüllten Reiberdatschi vom Tschechen gehabt, sowie ins Antarctic Centre gegangen. Gut gemacht. Und sie versuchen auch das Denken über die Zukunft anzuregen: Was soll erlaubt sein, scientists, tourists oder gar mining? Ein interessanter Fakt an Rande war, daß Chile versucht, über Bevölkerungspolitik einen Hoheitsanspruch zu begründen: sie bringen ganze Familien auf ihre Stationen, und Anfang des Jahres wurde dort auch ein Baby geboren. Was ich nicht rausbekommen habe: welche Zeit eigentlich auf den Stationen gilt. Speziell auf der Amundsen-Scott-Base am Pol selber, wo ja jedweder Referenzpunkt fehlt.

Postkarte nach Hause:
Mein Dreitagesausflug Antarktis ist im letzten Moment wegen Wintereinbruchs dort gecancelt worden, und so war ich halt nur im International Antarctic Centre in Christchurch. Netter Fakt am Rande: Mittags in der Russischen Vostok-Station war es gerade freundliche -76 °C! Genau das richtige Wetter für einen Spaziergang um den Block, speziell wenn's Nacht ist und 40 Knoten Wind hat; da friert der Wuwu in Sekunden an der Leine fest!
Jetzt bin ich müde, pappsatt und im Bailies am Cathedral Sq selber, wo eine Werbung für Watch the World Cup Live! ausliegt, der hier in jeder Bar gezeigt wird, aus Gott weiß wo, und um 600 Uhr früh. Slogan:

Enjoy a Man's Breakfast - Steak and Eggs;
Enjoy a Man's Beer - Pint of Guiness;
Enjoy a Man's Sport - Rugby.

Und das meinen die auch so!
Manchmal spielt der Zufall eben doch auch eine Rolle im Leben: ich sitze da, nichts böses [wow! hier gibt's sogar zum Busfahren eine Zeitung!] ahnend, eine Postkarte absetzend, und plötzlich schneit Angela ("dsch", nicht "g") rein, die ich in Melbourne schon mal kurz gesehen hatte. Das Tolle daran: sie hat ein Auto und will nach Süden! Mal sehen, ob das hinhaut, sie redet gern viel und ist eine Künstlerin, Leadsängerin einer Rockband in der Schweiz, und raucht. Trotzdem: kann ganz interessant werden.

92. Tag

Immer noch erkältet. Gefrühstückt mit Angela, dabei einen Treffpunkt in Dunedin ausgemacht. Jetzt im Bus nach Dunedin, da ich das Ticket schon gekauft hatte, bevor ich Angela getroffen hatte. Werde wohl viel schlafen, 9-3, also 6 h Fahrt.
Denkste. Die Zeitung, die's von der Busgesellschaft gab, hielt mich für 4 h beschäftigt, und die Landschaft, die da unter der Herbstsonne lag, war einfach anders, aber doch vergleichbar zum Voralpenland. Nur: man fährt woanders nicht durch und schaut rechts auf die Berge und links aufs Meer. Wirklich schöne Berge und ein reichlich wildes Meer! Unterwegs in Timaru stand einmal eine recht außergewöhnliche Kirche rum, in einem spätitalienischen Stil, aber ich habe sie nicht genau gesehen. Eingecheckt ins Chalet Bp, ein altes 1930er Hospital, aber der Geruch ist angeblich noch drin, sagt lp; ich riech eh nix. Die Betten hingegen sind originale Hospitalbetten, mit dem klassischen Metallstäben, und auch die Nachttischchen sind die echten. Danach in die Stadt, zur Touristinfo; draußen lief ich dann in Angela, die entgegen ihrer Voraussage doch schon eingetrudelt war. Sie wollte zum Hafen, ich hatte auch nichts besseres zu tun, also erreichten wir finally einen russischen Frachter, der vermutlich zur Hälfte aus Konterbande bestand. Abendessen dann in einem wholemeal shop, gut. Danach: Fernsehen und mit Ingo, dem Schlosser aus Bremerhaven, und seinem Freund geplaudert ("Und am Sonntag daheim kaufe ich mir dann erstmal eine Bild am Sonntag, und wenn Bayern dann gewonnen hat und Dortmund verloren, dann is das jut.").

93. Tag

Otago Peninsula. Sehr schöner Ausflug. Nur waren wir dann 5 min zu spät an der Albatroskolonie, und eine Stunde warten wollten wir dann auch nicht. Also weder Albatrosse noch Yellow Eyed Penguines, sondern Larnach Castle. Danach hufte ich dann zur Uni auf der anderen Seite der Stadt, und fand eine Mine an Information zur Windenergie, aber PhD hier machen, ich weiß ja nicht... Aber er hat mir verschiedene Adressen gegeben, die mich in Wellington weiterbringen sollten. Außerdem hat er mir seinen Internetaccess zur Verfügung gestellt; nur und ausschließlich John aus Ohio hat mir geschrieben; wofür hat der Ludl eigentlich meine Adresse? Auch wenn ich weit weg bin, interessiert mich doch, was aus den Jungs geworden ist. Angela hatte dann Abendessen eingekauft, Steak mit Gemüse und Kartoffeln mit Sour Cream, sehr gut.

94. Tag

Weiter über die Southern Scenic Road nach Invercargill. Nugget Point war schön, mit ein paar Granitmurmeln im aufgewühlten Meer, auf denen Robben saßen; Sonne auf dem Weg hin, Sturm dort, Sonne zurück, auf 200 m Weg (respektive 20 min Zeit)! Auch sehr schön: der Strand unten bei der Cathedral Cave, mit 4 oder 5 Reihen von Brechern, hereinkommender Flut, hohen Wellen vom Südpol her kommend, bis es mich fast knietief erwischt hätte. Ozeane sind so unglaublich, sie können ungeheure Gewalt entwickeln, aber auch sehr peaceful looken. Abends in Invercargill, morgen vermutlich nach Stewart Island.

95. Tag

Mit der gerade noch erwischten Fähre nach Stewart Island , dem südlichsten Punkt meiner Reise; gelegen etwa 48°S, also auch nur wie München. Die Überfahrt war im ersten Drittel sehr rough, mit Wellen mehr als halb so hoch wie das Boot, eine 60-Personen-Fähre, und häufigem aus-dem-Wasser-kommen-und-wieder-reinplatschen; war Spaß. Dort dann ein ebenso teures (7 $) wie gutes Breakfast abgegriffen, Toast, Butter, Jam and Stewart Island Honey, sowie ein Spiegelei, Lachsfilet und Räucheraal. Danach 3 h um die Insel gelaufen, mich dabei bissl geärgert, daß die Strände so gesheltert von der Wucht des Southern Oceans waren, aber Eukalyptusbäume entdeckt, die ich hier beileibe nicht vermutet hätte, und einen Neun-Loch-Golfplatz für die 200 Einwohner von Oban, dem einzigen selltement auf der Insel.
Schnell was eingekauft, für pasta all'orto, und zum abendlichen Kiwispotten aufgebrochen: mit dem Boot um die östliche Buchtbegrenzung rum und zur nächsten Halbinsel, dort über die Kuppe auf den entgegengesetzten Strand gelaufen, um dort Kiwis zu sehen. Die schauen ja schon recht eigen aus! Keine (sichtbaren) Flügel, einen ewig langen Schnalbel, mit dem sie seaweedvertilgende kleine Schaben fressen und sich dafür tief in den Sand buddeln. Außerdem schauen sie hinten wie abgeschnitten aus. Trotz des Tees und Kuchen hinterher auf dem Boot fühlte ich mich mit 50 $ doch recht ripped off.

96. Tag

Früh in einer winzigen Zweimot nach Invercargill zurückgeflogen, dort ein wenig rumgelaufen, die "Roaring Forties"-Show angeschaut, eine Audiovisionsshow über die subantarktischen NZ-Inseln (ganz nett, aber die Gewalt der Natur kam nicht sonderlich überzeugend rüber), den Rest des Museums angeschaut (mit viel Lokalhistorie, wie überall hier in NZ, und einer Maoriteil, in dem ein hölzerner Hampelmann ausgestellt war, so einer mit Schnur untendran) und durch die Queen Victoria Gardens gelaufen. Feines Wetter, ich hoffe, daß das so bleibt.
Ach ja, geplaudert habe ich zwei Stunden mit dem Ausstellungsmanager, der in Art History und History gemajort hat, über alles mögliche, WW I+II, right wing New Zealanders, Kunst, speziell die geklaute, und Dachau: seine Familie ist seit 6 Generationtn in NZ und hat zwei wesentliche Einflüsse: einen deutschen und einen deutsch-jüdischen (oder war es östlich-jüdischen?). Anyway, sein Bruder war in Dachau und entdeckte, daß ein Zweig der Familie vom anderen Zweig der Familie vergast worden war. Beide Zweige hatten natürlich in Deutschland nichts miteinander zu tun, aber in Neuseeland konnten sie heiraten. Eine gewiß tragische Geschichte, aber sie unterstreicht die Perversität der ganzen Story. Angela kam dann natürlich nicht zum vorgegebenen Treffpunkt, sonst hätten wir den Doubtful Sound morgen machen können, aber sie hatte schon in den Backpacker eingecheckt, als ich sie fand. Später am Abend habe ich mich dann von Schatz zurückrufen lassen, schön. {Auch habe ich einen Spiegel gefunden, den mit "Wie schlau sind die Deutschen?" Nach all den Tests kam dann raus, daß ich überall in der Klasse der hochinformierten war, bis auf Sport und Verkehr (ups!).}

97. Tag

Über die Southern Scenic Route nach Te Anau. Lake Hauroko war wunderschön, nur die namu (sandflies) waren höchst lästig, Schwärme von kleinen Fliegen, die recht ekelhaft zubeißen. Muß jedes Paradies seinen Schwachpunkt haben?
In Te Anau habe ich dann mein erstes Fish&Chips auf dieser Reise gehabt, und im Backpacker Barbara aus Laibach kennengelernt, die im gleichen Flieger wie ich nach Fiji fliegt. Die meisten anderen sind hier sowieso für die großen hikes, der Routeburn Track soll noch sch¸ner sein als der schon klassische Milford. In meinem Zimmer fand ich dann die beiden "horrible girls" (O-Ton Angela) vor, Engländerinnen, die mit mir übereinstimmten, daß sie "temperamental" und "volatile, like a volcano" sei. Sie waren dabei, als Angela ihre dreckigen Socken in Kaikoura geklaut wurden, sie beschreiben es als höllisch, und ich kann mir sie gut vorstellen, in der Mitte ihres Temperaments, mit kleinen Hörnern, die ihr dann wachsen, und glühenden Schwefelfunken, die um sie herumsprühen...
Später am Abend, nach einer Dose Ravioli, die fast genauso göttlich künstlich schmeckte wie unsere zu hause, aber dreimal so teuer waren, die Glühwürmchenhöhle. Der Lebenszyklus dieser Tierchen ist höchst erstaunlich: sie sind ein Ei für ein paar Tage, dann eine Larve für 3 Wochen, dann verpuppen sie sich für 9 Monate, und als fertiges Insekt haben sie nur 76 Stunden, gerade genug, um sich fortzupflanzen. Warum nur so kurz? Weil sie Mund und Magen verlieren bei der Metamorphose. Die Höhle selber war schön, ähnlich wie ein Sternenhimmel, aber alles mit derselben Farbe, und recht ungewöhnlichen Clustern. Trotzdem: 32 $ war es, wert wäre es etwa 8 gewesen, nur die Überfahrt mit dem Boot macht es so teuer.

98. Tag

Gutes Frühstück, naja, guter Kaffee, free tea&coffee meint hier im Te Anau Backpackers echten Kaffee in einer Bodummaschine, und danach eine, sagen wir gespannte Fahrt nach Manapouri, von wo der Trip in den Doubtful Sound losgeht. Im Moment cruisen wir über Lake Manapouri, kommen aus der Wolke raus in die Sonne, und die scenery ist umwerfend. Gibt es soviel Schönheit auch in Europa, und ich kenn's bloß nicht, oder haben die hier ein Monopol drauf? Hohe, schneebedeckte Berge, richtige Berge, nicht diese abgeschliffenen Hügel von Oz, Bergwald darunter, ein kristallklarer See mittendrin, dieses magische Licht einer Spätherbstsonne in etwa unseren Breiten, ein paar Wolken, die sich an die Berge schmiegen, ich muß jetzt mal rausgehen und ein paar Dias machen. Ich habe nur 2 1/2 Filme dabei, hoffentlich langt das.
Dreck! Es ist einfach zu windig für reasonable Photos.
Zurück von Fjord. Ich fühle mich wie der Indianerhäuptling nach seiner ersten Eisenbahnfahrt; ich möchte mich einfach nur hinsetzen (preferably in die Sonne) und warten, bis meine Seele nachgekommen ist.
Ist sie zwar immer noch nicht, aber ich fange jetzt trotzdem mal das Schreiben an. Der See war schon recht eindrucksvoll, danach die power station quite lehrreich, sie haben ein 590 MW-Wasserkraftwerk einfach quer durch den Berg gehauen, d. h. alles, was man sieht, ist oben eine kleine Eingangsstation, ein Haus mit dem ganzen Regelwerk, die Leitungen natürlich, und eine Tunneleinfahrt. Unten sieht man sogar noch weniger davon, da ist das einfach eine Höhle, aus der Wasser kommt. Interessanterweise verwenden sie hier Francisturbinen, wo ich doch bei Prof. Schäfer gelernt habe, daß man für so einen hohen Fall besser Peltonturbinen nimmt. Der Führer erklärte was wie "hm, weiß auch nicht so genau, aber es ermöglicht wohl ein kompakteres Bauen". 80% des Stroms geht übrigens zur Aluminiumhütte nach Bluff, wo sie Bauxit aus Queensland verhütten.
Danach aber wurde es erst richtig genial (mir fehlen auch die passenden Worte, um diesen Eindruck zu beschreiben). Die Fahrt über den Paß führte zunächst in den Nebel, was den Wald nur umso verhexter aussehen ließ. Cold Temperate Rainforest, mit Regen zwischen 4,5 und 6 m (Metern!) im Jahr; extreme Orte erreichen sogar regelmäßig über 8 m! Bäume (birch trees; Birken?), die aussehen wie Illustrationen zu verhexten Wäldern, die um Mitternacht lebendig werden, ein Eindruck, der durch den Nebel nicht eben geschmälert wurde. Die Äste sind in den seltsamsten Formen gewinkelt und, sie auch die Stämme, mit bis zu 10 cm Moos bewachsen, ein fact, der im Winter zusätzlich warmhält. [Wahrscheinlich leide ich gerade an einer Überdosis scenery.] Bis zu 15 verschiedene Epiphyten können sich auf so einem Baum tummeln. Auch wächst der ganze Regenwald auf dem puren Stein, da ist kein Mutterboden, der dem ganzen einen Untergrund geben würde. [1 1/2 Filme (36er) habe ich niedergemacht; mein Rekord bisher.] Die Besiedelung der Felsen beginnt mit Flechten, auf denen sich Moose, auf denen sich Farne, auf denen sich alles andere ansiedelt. Hin und wieder gibt es Baumlawinen, die große Wunden im Wald hinterlassen; aber dann kommen die Flechten, dann die Moose, dann die Farne... bis der Wald wieder da ist. Was einige Dekaden dauern kann. Dann auf dem Paß, all of a sudden, raus aus dem Nebel und rein in etwas, was der guide als "postcard material" bezeichnet. Doubtful Sound. Eigentlich ist er ja ein Fjord; Sunde werden Ausgewaschen, Fjorde bleiben hinter Gletschern zurück. Worte können kaum die pure Schönhiet des Ortes beschreiben, ich hoffe, daß man auf den Dias wenigstens einen Eindruck bekommt. Obwohl es sehr schwer ist, die Ruhe, die Majestät, das Licht angemessen einzufangen. Unterwegs trafen wir auf eine Schule Delphine, die ein wenig mit dem Boot spielten, und sich furchtbar freuten, als der Captain mal kurz Vollgas gab: in der großen Heckwelle sprangen sie herum und folgten dem Boot ohne sichtbare Mühe. Ganz draußen sahen wir eine Seehundkolonie, wie immer tagsüber schlafend und furchtbar schwer auf den Felsen auszumachen. Jede Bewegung des Bootes eröffnet einen neuen Einblick in die Fjordwelt, kleine oder größere Seitenarme öffnen sich dem Auge, und geben den Blick frei auf die schneebedeckten Berge im Hintergrund; sooo sehr Hintergrund auch nicht, die Wände gehen ganz schön steil hoch. In einem Seitenarm, dem "Sound of Silence", stellte der Captain den Motor ab, und die Geräusche des Urwaldes drangen herüber. Leider viel zu kurz. Schaut einfach bei gutem Wetter alles gut aus? oder war das hier nur das i-Tüpfelchen? Wahrscheinlich sieht der Plaz immer genial aus, aber Postkartenwetter hilft noch, das zu verstärken.
Schön beschrieben hat den Eindruck auch Douglas Adams:

Fjordland, ein ausgedehnter, gebirgiger Landstrich, der in der südwestlichen Ecke von South Island, Neuseeland, liegt, ist eines der erstaunlichsten Fleckchen Erde, die Gott je geschaffen hat, und wenn man es zum erstenmal von einer Klippe aus überblickt, möchte man am liebsten in spontanen Applaus ausbrechen.
Es ist großartig. Es flößt Ehrfurcht ein. Das Land ist in solchem Maße gefaltet und verdreht und zerbrochen, daß einem das Gehirn beim Versuch, wenigstens ansatzweise zu begreifen, was es sich da gerade ansieht, im Kopf zu zittern und zu singen beginnt. Übereinandergeworfene Berge und Wolken, gewaltige Eisströme, die sich Millimeter für Millimeter ihren knackenden Weg durch die Schluchten bahnen, Wasserfälle, die in schmale grüne Täler hinabdonnern, all das erstrahlt dermaßen hell im magisch klaren neuseeländischen Licht, daß es die Augen, die an die in den meisten Teilen der westlichen Welt vorherrschenden, eher düsteren Lichtverhältnisse gewöhnt sind, einfach zu lebendig erscheint, um wahr zu sein.

Douglas Adams, Die Letzten ihrer Art, © Heyne Verlag

Nichts wichtiges abends.

99. Tag

Morgens früh bacon&eggs, ein substantial breakfast vor dem Kajakfahren. Doch vor das Kajaken haben die Götter das Auto gesetzt. Und die geniale Landschaft. Reif über hohen Grasfeldern, die bis zu den Bergen reichen, die sich langsam aus dem Nebel schälen. Gletschergekratzte Täler, die noch krasser hochsteigen als die Northern Alps. Nebel, der die Farbe des Himmels und der Berge dem Reif auf den Gräsern anpaßt. Ein Tunnel, aus dem blanken Felsen rausgekratzt (und unbeleuchtet). Ein anderes Tal, mit praktisch nur Sonne, und einer ebenso gigantischen Szenerie (die sich auf der Rückfahrt auch auf der anderen Seite des Berges wiederholen sollte). Dann, endlich, Milford Sound. Tony gibt uns Thermounterwäsche für die Beine, besser als die Jeans. Und dann geht's raus auf den Milford. Das Paddeln geht recht gut, und man sieht einfach ganz andere Dinge als mit dem großen Schiff. Zum Beispiel, daß das Wasser irrsinnig klar ist. Man sieht Seesterne in bis zu 6 m Tiefe, zehnarmige, nicht die üblichen fünfarmigen, die sich gelb auf den dunklen Felsen durch das türkisblaue Wasser abzeichnen, auf fast gerade ins Wasser abstürzenden Felsen, deren unteres Ende nach über 10 Metern erst in der invisibility verschwindet. Und seals (Robben), die einfach faul um das Kajak herumschwimmen oder auf dem Felsen in der Sonne liegen. Niedliche Tiere, mit riesigen schwarzen Augen. Trotz allem: Milford Sound war einfach nicht so spektakulär wie der Doubtful Sound. Außerdem hat die große Flotte Flugzeuge, die regelmäßig über dem Fjord fliegen, doch gestört. Und das Wetter war auch nicht ganz so perfekt. Zurück durch ideales Wetter nach Te Anau, und dort nach dem Essen weiter nach Queenstown. Die typische Farbe der Berge ist beigegelb, von so mittelgroßen Grasbüscheln. 150 km weiter östlich gibt es 4-6 m Regen in Jahr, und hier ist eine Dürreperiode. Eingecheckt ins Deco Backpackers, klein, fein, guter Fernseher (für das grausame Kiwifernsehen können sie nichts), und nur 2 im 6er-Dorm [inzwischen 3]. Abends gelesen und ferngesehen.

100. Tag

Halbzeit! (war mir bis eben nicht bewußt.) Lange geschlafen, im Bett den Casanova fast beendet, eine gute Dusche, zwei gute Kaffees bei Naff Caff, die ihren eigenen Röster haben, schwarzes Gußeisen, so im Stile alter Filmprojektoren, und genug Zeitungen für 2 Stunden. Danach durch die Stadt (das Dorf) geschlendert, 2 Bookshops angeschaut, dabei einen Focus, einen Stern (von vor 2 Wochen) und den lonely planet Rarotonga durchgelesen. Zurück ins Hostel, nachher (also jetzt) das Abendessen in die Mikrowelle, und dann evtl. in den Pub (happy hour 9-11).
Bissl abgetanzt, aber mit der Partycoast ist das hier nicht zu vergleichen.

101. Tag

Wieder im Naff Caff gefrühstückt, dann (bei perfektem Wetter) meine akute Unfitness am Queenstown Hill ausgetobt, oben dann auf Kumi getroffen, einer Japanerin aus Nagoya, die im Moment in Perth Englisch studiert. Chatted away, sie entschuldigt sich in einem fort für ihr (recht akzeptables) Englisch, und die Unterschiede zwischen Japan und Europa, die wir herausgearbeitet haben, sind gar nicht so groß, wie man glauben möchte; die äußeren Umstände sind anders, aber innerhalb dieser Vorgaben verhalten sich die Japaner ganz vernünftig. Abend dann ziemlich mäßige Spaghetti alle cipolle, dafür bekam ich hier (ausgerechnet! das einzige Mal überhaupt Nachrichten aus Deutschland) die Biergartenrevolution mit, incl. Bildern der WaWi! Später wieder ins Pub. Anita, die Dänin bei mir im Dorm, die auch [so jetzt ist die Zeitung da -> mehr später.] mit dem West Coast Express weiterfährt, hat ein half-price Bungy-Ticket gewonnen. [Gerade eben ist sie weg - nervös wie nur was. Ich ja auch.]

102. Tag

Wäsche, gefrühstückt im Naff Caff mit 2 Zeitungen und dem Weekly Guardian, die Kamera reinigen lassen, und jetzt warten aufs Bungy. The Big One. 340 ft. 102 m. Warum tun Leute sowas? Und warum ich? Ich hoffe jetzt nur, daß meine Jeans noch aus dem Trockner kommt (in der anderen Hose habe ich nicht soviel Selbstvertrauen...).
Die Jeans kam dann prompt um ein paar Minuten nicht aus dem Trockner, aber es stellte sich raus, daß es auch so gehen sollte. Die Straße zum Skippers Canyon war in hohem Maße scary, rutschiger Schlamm, und etwa eineinhalb Autobreiten von der Felswand bis zum Abgrund, der zwar kein senkrechter, aber trotzdem ein furchteinflößender war. Dann schließlich: die Pipeline. Mit mir ein Franzose und zwei aus Colorado, einer hat schon Skippers Canyon AJ Hackett gesprungen (73 m), aber unser Fahrer meint, jenseits der 80 m beginne die echte Herausforderung. Dort angekommen, läuft man auf den Canyon zu, und sieht den Fluß nicht. Und man läuft etwas mehr auf den Canyon zu, und sieht etwas mehr vom Canyon, und er wird schon ziemlich tief, und man sieht den Fluß immer noch nicht. Schließlich, an der Kante, kann man reinschauen, und sieht einen Spielzeugfluß ziemlich tief unten durch sein Bett mäandern. Alle werden wir gewogen, 10 1/2 Stein wiege ich (was auch immer das heißen mag), die Nummer wird zur Sicherheit nochmal auf den Handrücken geschrieben, und los geht's. Leider ist irgendwann im Verlaufe der Vorgängersprünge die Kamera kaputtgegangen, d. h. ich habe keine Photos von mir. Dreck! Porca Miseria! Die anderen springen vor mir, daher sehe ich es nicht von oben, sondern von der Seite, wo ich für den Franzosen Photos zu machen versuche. Now It's Your Turn! Auf dem Zahnarztstuhl dort wird man festgehakt, bevor man auf die eigentliche Planke rausgelassen ist. Noch ein wenig gute Laune verbreitet (Nervös? Ich? Fast gar nicht!!!), dann geht's raus auf die Planke. Keine Sicherungen mehr, vorher war mir schon der Beginn aus "Flatliners" durch den Kopf geschossen (Kiefer Sutherland im Sonnenaufgang an der Themse mit dem Spruch "Heute ist ein guter Tag zum Sterben!"), man (nein, ich!) stehe da und schaue über meine Zehenspitzen in die Tiefe (102 m sind tief!), und sage "That's insane!". Noch ein paar Gesten der Zuversicht in die verschiedenen Videokameras, und mein Jumpmaster bietet mir einen deutschen Countdown an. Mir ist es egal, aber ich komme eh zu nichts mehr, die Crew zählt "Fünf, Vier, Drei, Zwei, Eins", gerade lang genug für mich, um mir nochmal zu vergewärtigen, daß es völlig sicher ist und nichts schiefgehen kann, und bei "Jump!" springe ich raus. Es ist ein weiter Weg nach unten, und ich bin heftig davon überrascht, wie schnell die Beschleunigung den Körper auf Touren bringt. Ich versuche im freien Fall den Flug zu korrigieren, habe damit aber keinen Erfolg, und für einen halben Herzschlag falle ich mit der Frage, ob denn jetzt nicht bittschön langsam das Seil spürbar werden sollte, während der Boden, immer noch gut entfernt, rasch auf mich zukommt. Und für einen halben Herzschlag falle ich mit der Frage, ob denn jetzt nicht bitte bald das Seil spürbar werden sollte. Aber da greift das Seil, und alles ist vorbei. Ich falle zwar noch, aber das Gefühl der Sicherheit ist da, und deshalb ist es nicht mehr so thrilling. Der Sicherheitsabstand zum Wasser ist sicher noch weit über 5 m, daher ist der Groundrush nicht so extrem. Der Zug nach oben ist kräftig, und am höchsten Punkt habe ich dann nochmal eine kurze 0-g-Phase 80 m über dem Fluß, bevor es dann noch ein paarmal auf und ab und rundherum geht, kopfüber. Das Seil wird dann mit mir runtergelassen, in ein Boot, das mich mit einer Stange einholt. [Inzwischen würde ich gerne noch einen machen, weil der erste nur ein Reinschnuppern ist, beim zweiten, glaube ich, kann man erst den Flug richtig genießen; aber es ist einfach furchtbar teuer. Unser Fahrer hat uns erzählt, daß im Sommer bis zu 90 Leute den Jump am Tag machen; 90 x 125 $ > 10.000 $. Am Tag! Aber in USA soll's bissl billiger sein.] Wieder hochgelaufen, zurückgefahren (die Straße ängstigt mich mindestens genauso wie der Sprung!) und im Swiss Iglu mein Video gesehen. Woooow! Mein Fazit: war okay. {Waaas? Nur okay? Na ja, es war ziemlich so, wie ich es erwartet hatte. Und Du weißt, Schatz, wie ich bin, wenn etwas so ist, wie ich es erwartet habe.} Was ich hingegen jetzt gerne mal probieren würde (abgesehen von noch einem Sprung) ist freier Fall, entweder Fallschirm oder künstlich, wie in Zürich, glaube ich.
Kleine Geschichte am Rande des Bungyjumpens: da war dieser großmäulige Yank, der alles besser wußte und meinte, sie sollten in Neuseeland endlich mal vernünftige Brücken bauen, und 102 m sei ja ein Pappenstiel, er habe schon den Helijump gemacht; sprich, er war wie aus dem Lehrbuch "Wie mache ich mir Freunde in der Crew?" Aber die Crew weiß schließlich mit allem fertig zu werden, und Mr Großkotz springt, hängt so für eine splitsecond in der Luft, während die Crew ihm hinterherschreit "Hey, John!" und auf seine Fußgelenke zeigte, als ob etwas nicht stimme...
Danach: Kamera richten. Bzw. eben nicht. Sie ist wohl hin, und vor Wellington in einer Woche gibt es auch niemanden, der mir das richten kann. Also habe ich eine disposable gekauft, das sollte nich über Wasser halten. Abends dann war ich nicht mehr in der Stimmung wegzugehen, die vor-Bungy-Spannung war weg, und [wie ich jetzt sehe] evtl. bekomme ich schon wieder eine Erkältung. Also habe ich micht in den Videoabend eingeklinkt (aber erst nach Star Trek): "Malice", sort of psychothriller, mit einer anfangs dünnen Story, die langsam besser wird, und "The Piano", starker Tobak, ein Kiwifilm.

103. Tag

West Coast Express. Vorher kein Fax bei McFee's abgeholt (falsche Faxnummer!), und von BNZ 500 $ in 20ern aus dem Automaten gezogen. Dann nach Wanaka, dort mittag gemacht, weiter nach ? für den Abend. Kurzen Bushwalk gemacht, abends gemeinsames Essen. Auf dem Wege: Bungyspringen von der Karawau Suspension Bridge, der originalen Brücke; ich habe Carmen beneidet, die es gemacht hat; für 25 $ oder so hätte ich nochmal große Lust gehabt. Dann der Irrgarten, eine Holographiegalerie und das stilted house (15° geneigt, keine Fenster: irritiert ganz schön!)

104. Tag

Zum Fox Glacier. Das Dorf mit dem meisten Regen auf der Welt (oder wenigstens eines der...) - 5 m pro Jahr. Das wird bis zu 11 m auf dem Gletscher, und oben gibts dann 90-150 m Schneefall im Jahr. Auf dem Weg: ein schöner Strandspaziergang, patschnaß, weil von Regen überrascht. Dort dann einen Schlammspaziergang gemacht, gegen herabfließende Bäche gelaufen und so. Abends Glühwürmchen: 2 $, und mehr als in Te Anau. Mit Schatz telefoniert und die Kiwiedition von Trivial Pursuit gewonnen.

105. Tag

Morgens (730) rund um Lake Matheson, mit dem gespiegelten Mt. Cook und Mt. Tasman im See. Jetzt: Auf zum Gletscherwalk.
Interessant. Zunächst: so ein Gletscher ist viel größer, als er auf jedem Dia aussehen kann; alle features werden ganz schön lange größer, wenn man darauf zugeht. Außerdem ist das ekelhaft glatt drauf. Wir bekamen spezielle Schuhe verpaßt, Hobnails, die aussahen, als hätte sie Luis Trenker in seiner Jugend getragen (genau diese Exemplare, nicht nur die Sorte!). Viel wichtiger waren jedoch die cramp-ons (Steigeisen), die man sich unter die Schuhe schnallte und ins Eis hackte. Außerdem hat Scott, der Guide, mit seinem Eispickel jede Menge Stufen aus dem Eis gehauen, anders wären viele Stellen wohl gar nicht gegangen. Leider bedeutete das auch, daß wir auf dem Gletscher selber nur sehr langsam vorankamen, mit Nachteilen wie Auskühlen und Langeweile, trotz der grandiosen Umgebung (aber unterstützt durch den leichten Regen). Das Eis ist dieses typische Gletscherblau, bis hoch zum oberen Ende des Eisfalls, so hoch wir sehen konnten. Ein Eisfall ist im Endeffekt auch nichts anderes als ein Wasserfall, der eingefroren ist und sich daher nur sehr langsam bewegt (aber immer noch schneller als der flache Teil des Gletschers). Die Gefährlichkeit der Gletscherspalten war vorher für mich nur eine abstrakte Größe, aber so eine Ahnung davon habe ich jetzt schon, selbst wenn es bei kleineren nicht unbedingt akut tödlich endet, aber wenn man allein nicht rauskommt (und das ist ziemlich wahrscheinlich), ist man auf Hilfe von außen angewiesen, was bei einer Gruppe kein großes Problem ist, aber bei nur zwei Leuten oder gar alleine doch recht ekelhaft werden kann. Der Abend endete dann nach den "Last orders, please!" wieder in der Hostelküche, der pub hatte einen angeschlossenen bottleshop...

106. Tag

Morgens endlich wenigstens das fax von der Maria bekommen, wo das von Schatz bleibt, frag ich mich schon. Dann _ber einen Photobreak am Franz-Joseph-Gletscher zu einem der berühmtesten pubs in NZ (vollkommen freistehend in der Pampas) zu lunchen, in HOKI... noch eine Pause für Postkarten, dann nach Blackball ins "Formerly Blackball Hilton". Aufgebaut von einem Golddigger namens 'Darcno' Hilton war es ein Hotel mit Pub im typischen viktorianischen Stil, 2stöckig, Vollholzbauweise, und entschieden kein Fünfsterneteil. Also hat die gleichnamige amerikanische Hotelgruppe auf eine Namensänderung gedrängt, und so heißt es jetzt "Formerly Blackball Hilton"; die Geschichte mit dem Druck des fiesen Multis kann aber auch einfach lokale Legende sein. Einen sehr guten Salamishop gibt's hier, da läuft mir beim Schreiben immer noch das Wasser im Munde zusammen [selbst jetzt noch beim Eintippen zu Hause]. Dann hätte es eigentlich goldpanning geben sollen, die ganze Gegend (respektive Besiedelung) datiert zum Goldrush Mitte des vorigen Jahrhunderts zurück, aber es interessierten sich einfach zu wenige dafür. Also bin ich alleine auf den Friedhof: alt, verwittert, ein paar Art-Deco-Gräber, und viele Gräber, die aussehen, als seien sie seit Jahrhunderten nicht mehr gepflegt worden. Spooky, wie Anita so schön bemerkte (die mich dann mit dem Fahrrad einholte); so wie der Friedhof aus Michael Jacksons Thrillervideo. Viele 20- und 30-jährige, die in Minen gestorben sind, aber auch immer wieder "aged 8x", die ersten Gräber von 190x, immer wieder "Kernick" und "Kinsella", und nur wenige Gräber, die wirklich gepflegt waren. Jetzt schreibe ich noch ein paar Postkarten, die an Werners ist schon weg, aber warum habe ich eigentlich die Adresse der Mechthild nicht dabei?, und dann gibts Essen. Yummy! Nämlich gab's: Spaghetti ai funghi und pumpkin soup hinterher. Yummy! Und dann: ab in den Spa. Bloody hot, aber nit einer kalten Dusche zwischendrin paßt schon. (Grins!) Jetzt noch einige Details über die Geschichte von Blackball gelesen: hier entstand die neuseeländische Gewerkschaftsbewegung, es war eine busting gold town und dann eine coal town, und jetzt ist es das "Centre of the Universe - the part where nothing moves!"

Und noch ein uralter Zeitungsausschnitt: "Tricks. - Stories are told of how a local welder would sneak up behind a fellow worker and weld his heel plates to the decking of a dredge. The resulting problems can be imagined."
Und: das Blackball Hilton hatte wirklich nichts whatsoever mit der gleichnamigen Kette zu tun: Mike hatte eine niedliche Maus im Bett, die ihm auch seine Schokoladenvorräte weggenascht hat.

107. Tag

Weg von Blackball, zu dem spektakulärsten stretch der West Coast, ähnlich der Great Ocean Road. Pancake Rocks, Sedimentgestein in vielen dünnen Lagen, das unregelmäßig vom Meer erodiert wird, un dabei kleine Pfeiler, Hählen und blow holes stehen läßt, garniert mit 2m-Wellen von der Tasman Sea, die spektakulär gegen die diversen mehr oder weniger vorstehenden Teile der Küste branden, und dem südlichsten Vorkommen von Palmen. Nur nicht so hoch, aber sicher nicht schlechter als die Great Ocean Road. Dann, nächster Stop zum Kajaken: einen Fluß hoch mit Stromschnellen und Wetsuits; praktisch jeder in der Gruppe fiel mal rein, ich habe richtig spektakulär bei den Rapids eingefädelt und das Boot umgeschmissen. Aber durch eine sehenswerte Landschaft, ein Tal tief eingeschnitten und mit Regenwald und Palmen bewachsen, das genial unter der Sonne lag. Am späten Nachmittag dann zum Einchecken in Westport, kurz eingekauft und abends im Pub gepartiet, mit den billigen Cocktails dort (5.50) auf der Basis eines Riesensteaks nach der "Grill yourself"-Variante. Die anderen hatten übrigens dort ein Zeug namens "Snakebite" entdeckt, halb Bier, halb Cider, mit einem Schuß Cassis. Geschmacklich fand ich's nicht so berauschend, aber alkoholisch...

108. Tag

Relativ früh los (von wegen party hard and sleep long), über den Hope Saddle, eine elende Fahrerei [wie jetzt auch auf der Fähre], und besonders scenic war's auch nicht. Immerhin sind wor durch den zweitgrößten man made forest durchgefahren, Baumreihen vertikal oder horizontal an die Hügel gepflanzt. In Nelson dann hat ein schlauer Kopf meine Batterie geprüft, und es hat sich herausgestellt, daß die {fucking bastards} in {fucking} Queenstown mir eine zu Tode gelagerte Batterie verkauft hatten. Worüber ich mich ziemlich aufgeregt habe. Schon eher unziemlich. Da lief ich auf der Straße entlang und fluchte in allen Sprachen derer ich habhaft werden konnte. Glücklicherweise hat mich ja der ganze Spaß nur 30 $ gekostet, 11+ für die leere Batterie und 20 für die disposable camera. Und was mir da alles für Schüsse entgangen sind! Nachmittag und abend ging dann auf Rumlaufen drauf, und im pub sitzen und zu müde für gutes partying sein. Waren wir aber alle.

109. Tag

630 aus dem Haus, dem Bus nach Picton, elend gefroren, von dort die Fähre nach Wellington genommen. Dort traf ich dann wieder auf den anderen bunch, der gleich aus Nelson weitergehitcht war. Noch auf der Südinsel die Marlborough Sounds waren es tatsächlich wert, nicht noch in der Nacht gefahren zu sein; zwar nicht sooo genial wie Fjordland, aber auch schon ganz gut.
Weiter auf der Nordinsel.


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© Gregor Giebel 1995

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