Eine Anmerkung vorneweg: da mein erster Band meiner Tagebücher (von drei Bänden) leider verlorengegangen ist (bezeichnenderweise nicht in fernen Ländern, sondern zwischen Ingolstadt und München in der Deutschen Bundespost), ist der gesamte erste Abschnitt Nachtrag, geschrieben fast ein Jahr nach meiner Rückkehr, gestützt auf die Kreditkartenrechnungen, die Flugtickets und die Dias. Soll heißen, der Stil ist nicht so unmittelbar wie ab den Blue Mountains, aber viele Details sind dennoch drin.
Mittlerweile jedoch hat mir Schatz doch das mir als verloren eingeredete Tagebuch geschickt (Danke Schatz!!!), also habe ich noch einige Details nachgetragen.
Und jetzt: Viel Vergnügen!

Erster Tag

In Flugzeug saß ich neben einem älteren Herren, mit dem ich erst im Anflug auf BKK ein Gespräch anfing; hätte ich vielleicht früher machen sollen, denn er war Reiseführer und das 7. Mal in Thailand, wird mit einer Reisegruppe durch Thailand reisen; er gab mir dann den Tip mit einer Exkursion nach Ayutthaya, der alten Königsstadt flußaufwärts, und wenigstens einen Weg sollte ich mit dem Boot machen. Im Landeanflug dann eine Besonderheit von BKK Airport: offenbar ist da zwischen den beiden Start- und Landebahnen ein kleiner Golfplatz, auf dem sich die Leute keineswegs von den großen Fliegern stören ließen. Vor dem Zoll noch 2 Filme gekauft, der EuroCard sei Dank. Draußen dann Geld geholt und bei einer Agentur ein Hotel gebucht; 35 $ pro Nacht, wobei ich vermutlich prächtig über den Tisch gezogen wurde, aber das mit den Backpackerplaces hatte ich da noch nicht so raus (auch Reisen will gelernt sein, und den lonely planet kannte ich da auch noch nicht).
Mit dem Taxi ins Hotel brachte verschiedene erste Eindrücke: der Verkehr ist absolut hirnrissig, jeder autovernarrte Römer würde hier einfach an die Wand gedrückt werden; die Bautätigkeit ist enorm, auch in der Umgebung meines Hotels mache ich auf Anhieb 4 Großbaustellen aus, darunter das mit über 220 m neue höchste Haus Bangkoks direkt nebenan, an dem 24 h am Tag gebaut wird; die Zeit der Bambushütten ist, zumindest in der Hauptstadt, vorbei. Das Faktotum des Hotels schwatzt mich noch im Aufzug an, ob ich denn ein Mädel wolle, "velli cliien, velli clien fo' yu!", was ich eingedenk des tränenreichen Abschieds keine 24 h zuvor ablehne. In meinem Zimmer angekommen bin ich erstmal müde vom Flug und unsicher, was mich eigentlich erwartet, worauf habe ich mich da eingelassen, schaue aus dem Fenster und ins Fernsehen, schlafe ein wenig; ich hatte schon vor dem Abflug ein nicht so tolles Gefühl, mein erster Eindruck (auch das Klima und die Luft) bestätigt das: eigentlich sehe ich es jetzt schon als Fehler an, hier 6 Tage gebucht zu haben.
Als es Nacht wird und der Hunger richtig groß, mache ich mich zu Fuß auf und erkunde erstmal das Viertel um mein Hotel - ein paar kleine Straßen, und im wesentlichen ist es ein großer Block, der von 4 großen Straßen eingefaßt wird. Nett sind die vielen Hausaltäre, die vor den Häusern stehen und die bösen Geister draußen halten sollen. Ich finde ziemlich in der Nähe eine Kneipe im amerikanischen Stil der 50er Jahre (oder zumindest das, was sie hier dafür halten)("American Indians"), wo ich meine erste Erfahrung mit Singha mache, dem hiesigen Bier, das angeblich nach deutschem Rezept gebraut ist. Paßt schon: nicht das beste, das ich je hatte, aber auch nicht das schlechteste, das ich noch bekommen sollte (in Seattle). Zurück, noch ein Stück ferngesehen, und geschlafen, nicht besonders gut, den Umständen entsprechend: die Baustelle nebendran, meine Gemütslage und die Zeitverschiebung, das Klima, die Klimaanlage (zu laut mit, zu heiß ohne), ich fühlte mich nicht besonders wohl in der Stadt (das sollte sich auch nicht mehr grundlegend ändern), und ich schlafe überhaupt nicht so toll, wenn ich am nächsten Morgen früh aufstehen muß.

2. Tag

Zur Klongtour nämlich. Reichlich früh, der Frühstücksraum hatte gerade erst geöffnet, dort habe ich einen Tom aus USA kennengelernt, der auch die Klongtour gebucht hatte. Er kam gerade aus Borneo ("Too overcrowded, too expensive") und will jetzt nach Nepal, 4 Monate Bergsteigen mit Freunden. Wir haben jeder einen eigenen Führer, meine ist eine Frau von 40 Jahren, die immerhin akzeptables Englisch spricht und ein Taxi bestellt hat zur Anlegestelle. Dort ist es noch so feucht, daß meine noch auf Klimaanlagentemperatur befindliche Kamera sofort beschlägt und auf eine halbe Stunde unbrauchbar ist.
Etwas später geht's dann los, in den typisch thailändischen Langbooten (Typ James Bond), immer vier Touris in einer Reihe, zwei auf jeder Seite; der Führer erzählt uns vom Leben der Anwohner, sie seien glücklich, lebten auf dem Boot und seien mit dem zufrieden, was sie haben. "Rich people have to worry about money; poor people no; not hungry, only poor." Wahrscheinlich hat er recht, denn man sieht hier wenige Leute mit einem richtig verkniffenen Gesichtsausdruck. Überhaupt, die Leute: so richtig unangenehm werden sie eigentlich nur, wenn sie was verkaufen wollen. Die Kinder planschen in den Klongs, ein Vergnügen, das ich als Westler nicht teilen wollte, der Fluß ist sicher nicht sauber, und wenn man's nicht gewohnt ist, holt man sicher schnell was. Zunächst geht es ein Stück den Chao Phraya runter, vorbei an Hausbooten und schicken Uferwohnungen dahinter und unter monströsen Straßenbauwerken durch, bis es rechts abgeht in die eigentlichen Klongs der Thamburi-Seite. Dort erwartet uns schon eine kleine Flotte von winzigen Paddelbooten, die versuchen, ihre Waren an den Mann zu bringen, grausame Souvenirs wie Fächer und Hüte, aber auch Bananen und anderes Obst; Wobei die kleinen Verkaufsboote im Souvenirformat schon wieder ganz nett sind. Jedesmal, wenn ein Touristenboot vorbeikommt, stürzt sich ein Teil dieser Armada auf es, während die weiter hinten befindlichen einfach auf das nächste Boot warten. Nach einer angemessenen Unterbrechung, die den Händlern genug Zeit gibt, amerikanischen Touristen ein paar mitleidige Baht aus der Tasche zu ziehen, geht es weiter, an etwas Grün vorbei, zu einem Tempel, und dann schnell nach gegenüber, wo wir eine Stunde Zeit bekommen, das komplette Angebot an gnadenlosen low budget souvenirs durchzuschauen, ohne in den richtigen Markt direkt nebenan eindringen zu dürfen (was, wie ich später erfahren habe, "gegen eine geringe Gebühr", doch möglich gewesen wäre). Immerhin genug Zeit, zwei Postkarten zu schreiben.
Dann weiter zu einem weiteren Tempel und der Snakefarm, die leider nicht im Preis inbegriffen ist, aber gegen eine geringe Gebühr... und besser als noch eine Stunde im Nirgendwo sitzen ist es allemal. Sie haben dort einen kleinen Zoo, offenbar noch nie was von artgerechter Haltung gehört (na gut, die Krokodile lagen im Teich, und die Raubkatzen nicht), typischerweise haben die Tiere 3 qm zur Verfügung, Adler, Kakadus, Schlangen aller Art, Affen, Schildkrötne, Leoparden (die zu zweit sogar auf fürstlichen 8 qm residieren durften, und ein bengalischer Tiger sowie diverse Krokos. Die meisten Tiere zeigen Verhaltensstörungen, der Tiger z. B. macht die berühmten 3 Schritte links, 3 Schritte rechts, ist also schon total rammdösig. Andere Tiere vegetieren überhaupt nur noch in der Stasis. Dann eine Schlangenvorführung, deren Höhepunkt sicher die Show mit den drei Kobras war: um eine Schlange wieder aus der Arena zu entfernen, muß man sie erstmal packen, und zwar ohne daß sie es merkt mit einer langsamen Bewegung von hinter dem Kopf im Nacken. Nur: was macht man mit 3 Schlangen und nur zwei Händen? Man nimmt die Dritte mit dem Mund. Das Gefährliche daran ist weniger das Packen der Schlange mit dem Mund als das Anschleichen, da man mit der Hand doch wesentlich schneller zurückzucken kann als mit dem ganzen Körper, speziell wenn man in beiden Händen schon je eine Kobra hat.
Auf dem Weg aus den Klongs raus kamen wir dann noch an einer Wäscherei vorbei, in der die Wäsche einfach im Fluß gewaschen wird; der Effekt ist wohl, daß der Dreck hinterher nicht mehr so auffällt, weil er homogen verteilt ist und das Hemd gebügelt.
Zwei weitere Möglichkeiten zum Einkauf landestypischer Waren wurde uns dann noch gegeben: zuerst fuhren wir zur Royal Jewellery, bei der es ausgesucht schöne Stücke leider zu ausgesuchten Preisen gab, und zu einem Schneider, einem Inder, der für fast nichts (naja, 400 DM) Anzüge maßschneiderte.
Lästig ist, daß immer wieder und überall alle einem was aufschwatzen wollen: die Reiseführerin weitere Ausflüge hierhin und dorthin, die Taxifahrer eine Fahrt, und hartnäckig sind sie auch. Die einzigen, die nicht so offensiv verkaufen, sind die Garküchen; deshalb werde ich nachher mal sowas probieren.
Zurück ins Hotel kam ich dann am Nachmittag, dort gönnte ich mir erstmal eine Pause, bevor ich mich dann auf den Pratunam Market in meinem eigenen Großblock machte. Sehr bunt, sehr eng, und überdacht, in großen klimatisierten Hallen, hauptsächlich Kleidung, aber auch alles mögliche andere. Von dort aus bin ich dann auch ins Indra reingeschnürt und habe die dortige shopping mall mal angeschaut, ein Tagebuch gekauft [das, das weg war und jetzt wieder da ist] und wohl den Trip nach Ayutthaya für übermorgen gebucht bei einer Freundin/Bekannten/Exführerin vom Alex, respektive bei deren Reisebüro, weil sie mehrmals nicht da war.
Dann im Donkin Donuts den ersten, aber beileibe nicht letzten Nachtrag gemacht, bis sie mich (um 7?) rausschmissen, auf dem Weg ins Hotel noch etwas Food auf der Straße abgegriffen und im Hotel noch weitergeschrieben, wie ich glaube, beim Fernsehen.
Eine Anmerkung zu Baustellen [vor Ort gemacht]: ich habe nie, never, mai so viele Baustellen gesehen wie hier. Was bei der Erkennung hilft, ist, daß die typische Baustelle ein 120-m-Teil hochzieht. Offenbar ist dort die ökonomische Grenze erreicht. Daß es eine rechtliche Grenze gibt, glaube ich nicht. Im Prinzip ist eine weitere Verdichtugn wünschenswert, um den Verkehr niedrig zu halten. Andererseits heißt eine höhere Dichte an Büroraum, daß die Innenstadt mit einfallenden Pendlern zugeklatscht wird. Teilweise werden reine Residentials gebaut, daneben wieder reine Bürohochhäuser. Einige aus der thailändischen middle class besitzen wohl neben ihrem Häuschen am Stadtrand (der bei Bangkok weit weg ist) eine Wohnung für unter der Woche in der Stadt selber, da sie sonst nicht durch den Stau kommen. Eine Sky Tram soll angedacht worden sein, aber jetzt ist es darum wieder still geworden. Eine U-Bahn, die Bangkok eigentlich nötig hätte, läßt sich nicht in den Schlamm einlassen. Die Rollerdichte ist jedoch erstaunlich niedrigverglichen z. B. mit Rom. Das Klima kann's nicht sein, abgesehen vom Monsun (in dem natürlich auch die tausenden Tuk-Tuks recht ungemütlich werden) ist das Klima hier zwischen feuchtwarm und heißfeucht, richtig kalt wird's eh nicht. Und bisher habe ich nur einmal ein klappriges Fahrrad gesehen; vermutlich sind die Radler hier schon ausgestorben, zum einen ist erhöhter Luftbedarf etwas, was es tunlichst zu vermeiden gilt, zum anderen haben sie in dem Verkehr hier einfach einen Selektionsnachteil (gegen die Fahrer hier sind die Catanier allesamt Sonntagsfahrer mit Hut).

3. Tag

Wat Pho. Nach dem Frühstück, zu dem ich verschlafen hatte, und es mir in der Bar dann extra kaufen mußte. Der Weg dorthin war abenteuerlich: ich suchte eigentlich einen Bus, wehrte auf dem Weg einige Tuk-Tuk-Fahrer ab, die mir ihre Dienstleistung offerieren wollten, und wurde dann auf der Hauptstraße von einer Gruppe Mototaxifahrer abgefangen, mit denen ich eher scherzhaft, aber offenbar doch überzeugend genug, einen (kaum überteuerten) Preis bis Wat Pho ausgehandelt habe, weshalb ich mich, eh ich mich's versah, auf dem Soziussitz eines kleinen Zweirades wiederfand, die Knie einziehend und dem Tode ins gefräßige Verkehrsmolochsgesicht schauend; aber wenn man es überlebt, ist es die schnellste Beförderungsart in ganz Bangkok, da die Maschine easy zwischen all dem stehenden Verkehr durchschwimmt. Die Überlebensrate unter den Mototaxifahrern halte ich für nicht besonders hoch (etwa so hoch wie die von Streetgangmitgliedern in LA), aber sie strahlen eine Art perversen Humor aus, der beeindruckt. Eine interessante Erfahrung, etwa so wie Bungyspringen, nicht so sicher, aber länger.
Dort lief ich dann in meinen ersten Tempel auf diesem Trip rein, durch ein reich goldverziertes Eingangstor, zahlte meine lächerlich wenigen Baht und fand sofort den Souvenirladen und Kiosk direkt neben dem Eingang. Zu den schöneren Details gehörten hier die Felsengärten mit Tierfiguren drauf, von Geheilten gespendet und Buddha in Tiergestalt darstellend, und der größte liegende Buddha wo gibt, von dem leider der Film fehlt. Völlig mit Gold überzogen, mit gleichlangen Zehen, langen Ohrläppchen (weist auf adelige Abstammung der Träger von schwerem Goldschmuck hin), verzücktem Gesichtsausdruck und neben der Statue einer langen Reihe von Metallschüsseln, Spucknäpfen nicht unähnlich, in die Einheimische aus kleinen Säcken Geldmünzen werfen, im Vorbeigehen, was dem Raum eine ganz charakteristische Geräuschkulisse verschafft.
Noch zu erwähnen an diesem speziellen Tempel wäre die Massageschule, eine der ältesten hier, was nichts mit Tempelprostitution zu tun hat, sondern mit der alten Kunst thailändischer Massage. (Was man heute bei uns mit dem Begriff verbindet, heißt hier Bodymassage.) Nachdem ich zu dem Zeitpunkt nur noch wenig Bargeld hatte, leistete ich mir nur eine halbe Stunde, obwohl das Programm eindeutig auf eine ganze Stunde ausgerichtet war. Der Unterschied zu westlicher Massage ist der, daß hier viel Wert gelegt wird auf Druckpunkte, die dann auch mit Gewalt gedrückt werden; so bestand eine Übung z. B. darin, die Oberschenkelarterie abzudrücken, was kurzfristig ein tolles Gefühl ist, aber in mir schon Bilder von schwarzen, absterbenden Gliedern heraufbeschwor.

Postkarte an Schatz:
[...] Lustig ist das Ende, bei dem erst die Augen zugedrückt werden, dann die Ohren, und dann gehen die ohren plötzlich wieder mit einem Plopp auf, so ein bissl geburtsmäßig.
Als ich dort rauskomme, fällt mir auf, daß meine Uhr nicht mehr geht, ich hoffe, nur ein Batterieproblem, aber damit habe ich jetzt gleich drei Probleme auf einmal: kein Bargeld, keine Batterie und ziemlichen Hunger. Also strolle ich raus, um wenigstens einige dieser Probleme zu lindern; der Hunger ist dabei am einfachsten zu bekämpfen, selbst mit meinen geringen Geldvorräten kann ich auf der Straße eine Kleinigkeit kaufen, nach deren Verzehr ich an einem Bancomaten vorbeikomme, aus dem ich mein zweites Problem ins Nirvana schicke. Bleibt noch die Uhr: nachdem es eh schon zu spät ist, um noch irgendwo anders reinzugehen, laufe ich um die verschiedenen Tempel herum und suche nach einem Uhrmacher, und finde schließlich einen alten, fast blinden Mann, der mir ohne Eile eine Batterie einbaut. Statt der geforderten 60 Baht lasse ich hundert da, einfach weil er mich dauert, doch später kamen mir da Zweifel an der Richtigkeit diese Tuns, schließlich sind seine Preise Marktpreise, gemessen an den Möglichkeiten des dortigen Marktes, und wer bin ich als einfacher Tourist, dieses Gefüge als lächerlich billig abzutun?
Kaum bin ich aus dem Laden wieder raus, spricht mich ein Mann an, behauptet, schon mal in München gewesen zu sein, und daß es im Moment eine große Chance gebe, eine Verkaufsausstellung, die nur die nächsten zwei Tage laufen würde und alles mögliche ohne Steuer feilbiete, unter anderem auch Saphire, einer der Hauptexporte Thailands, aber normalerweise mit 290% Steuern belegt. Glaube ich ihm? Eigentlich nicht. Er aber bietet an, mir ein Tuk-Tuk zu besorgen nach Chinatown, wo ich jetzt hinwolle, ohne daß ich dabei übers Ohr gehauen werde, und schafft es tatsächlich für 20 Baht (was vermutlich nur noch wenig über dem Marktpreis liegt). Den Haken daran erkenne ich bald: der Fahrer setzt mich vor einer Import-Export-Firma ab, da der freundliche Thai ihm das ans Herz gelegt habe. Ohne überhaupt reinzugehen laufe ich auf die Straße zurück und gehe den restlichen Weg nach Chinatown zu Fuß, vorbei an kleinen Autowerkstätten, Banken und dem tosenden Verkehr der Rush-hour. Sampeng Road ist nur noch eine enge Gasse, keine 3 m breit, aber mit Läden auf beiden Seiten, die sich bis fast in die Straßenmitte hin ausbreiten; auf einer Seitenstraße kommt man bis an den Fluß, der zu den schönsten Ecken hier zählt.
Wie es Nacht wird in Viertel, kommt ein Geschnatter auf wie von Vögeln, aber es sind Menschen, die hier das Tagwerk noch mal gemeinsam betrachten, bevor sie etwas essen und einer der vielen Freilichtkinovorführungen beiwohnen, die um diese Zeit so zahlreich aufgebaut werden: einfach ein großes Stück weißes Tuch als Leinwand, den (uralten) Projektor mitten auf der Straße aufgestellt, einige bunt zusammengewürfelte Stühle dazu, und fertig ist das Freilichtkino.
Ich ging erstmal in eine der vielen Garküchen, einem Wagen mit zwei Fahrradreifen, auf dem viele Gerichte und ein Ofen Platz haben, auf dem diese dann noch mal warmgemacht werden. Bei dieser Gelegenheit weihe ich auch den (rein medizinischen) Flachmann ein, besser vorher die Bakterien getötet als hinterher Probleme. Da auch nach dem Essen die Kinos noch länger nicht zu beginnen scheinen, fahre ich zurück ins Hotel, da ich am nächsten Morgen wieder mal früh raus muß.

4. Tag

Ayutthaya. Mein bester Tag in Bangkok. Leider ist der Frühstücksraum in meinem Hotel nicht so früh offen, wie ausgeschrieben, dadurch komme ich hier schon wieder um mein Frühstück, und gehe ins Indra, von wo aus die Exkursion starten soll. Leider brauche ich schon wieder Bargeld, aber der Kurs für Reiseschecks in meinem Hotel ist gnadenlos, im Indra hingegen viel besser, nur wird mir dort mitgeteilt, daß ich leider kein Hotelgast sei und als solcher nicht an der Rezeption tauschen könne. Schwerer Schlag, aber entgegen meiner Art habe ich schon vor 7 einen Geistesblitz, nämlich mein Frühstücks- und mein Bargeldproblem auf einmal zu erschlagen, durch eine Tasse Kaffee in der Hotelbar nämlich. Die Tasse Kaffee kommt wesentlich problemloser als die Entwirrung der Wünsche hinterher, auch der Manager durchschaut dieses Manöver, aber da ich behaupte, keinerlei Bargeld zu besitzen, und vorher bei der Bedienung gefragt hatte, ob ich mit einem Reisescheck würde zahlen können, ließ der Manager es durchgehen, mit der Auflage, so etwas nicht noch mal zu versuchen. Was ich glücklicherweise nicht nötig hatte.
Die Abfahrt nach Ayutthaya verzögerte sich dann doch etwas, aber schließlich waren wir auf dem Ruinenfeld angelangt, wo vor knapp 250 Jahren noch die Hauptstadt von Siam war, bis die Birmanen kamen und die in sich heillos zerstrittenen Siamesen unterwarfen. Eine Enttäuschung gab es schon bei der Anfahrt: ich hatte mir da so ein Ruinenfeld irgendwo im Nichts vorgestellt, aber außenrum ist eine Stadt, die so entwickelt aussieht sie nur irgendeine Stadt in Thailand. Da steht dann ein einige hundert Jahre alter chedi im Hof der drumrum gebauten Autowerkstatt, da taucht hier und da zwischen den Häusern nochmal etwas Gerümpel auf, aber es ist eine kleine Stadt, sie hat es naoch nicht geschafft, die ehemalige Millionenstadt völlig zu überwuchern. Die Ruinen selber sind interessant, wenn auch lang nicht so weitläufig wie die Ruinen von Pompeji oder Ostia.
Von dort aus ging's dann weiter zu dem größten sitzenden Buddha wo gibt, mit einem kleinen Tourimarkt direkt davor, und zum Bang Pa In, der königlichen Sommerresidenz, die im wesentlichen kurz vor der Jahrhundertwende in einem seltsamen italienischen Renaissancestil gebaut wurde, mit einem Teich, in dem ein Teehaus einlädt, und einigen Bauten, die so auch in Europa stehen könnten; am auffälligsten war hier sicherlich die Brücke über den Kanal zu nennen, die mit klassischen (für uns klassischen, that is) Statuen auf beiden Seiten verziert war. Wenn auch das Haus des chinesischen Botschafters deutlich chinesisch war. Alles in allem sehr schön, peaceful, ruhig, schattig, und mit kleinen Wasserflächen.
Und endlich auf das Boot, mit dem dann der Rückweg angetreten werden sollte. Beim Essen lerne ich ein paar Leute kennen, Tom und Cheryl, ein Pärchen aus San Diego, er macht gerade den Internetserver vom America's Cup, einen jungen Mann, der im Auftrag von BP immer einige Monate irgendwo auf der Welt beschäftigt ist, und Jill aus NY, die alleine unterwegs ist. Bei der entspannten Rückfahrt auf dem Chao Phraya kommt das Gespräch unter anderem auf Patpong, das Rotlichtviertel hier, und wir beschließen, heute abend dort die lokalen Spezialitäten zu genießen, Jill, ich und die beiden anderen Amerikaner. Dort auf dem Boot fühle ich mich zum ersten Mal auf diesem Trip so richtig wohl, die Umgebung stimmt, viele Tempel ziehen vorbei, aber auch die größte Moschee Thailands, das Essen ist gut, die Leute sind lustig, wunderbar.
Gegen vier kamen wir dann wieder in Bangkok an, ich ging erstmal shoppen an der Anlegestelle, besichtigte dann die alte christliche Kirche in der Nähe, englischer Kolonialstil, und schlenderte weiter an der Hauptpost, wo ich mit Schatz telefonierte, vorbei auf das Oriental zu, denn einen Sundowner auf der Terrasse des Oriental zu nehmen, wurde von verschiedenen schon als perfekter Luxus im Stil der alten Zeit beschrieben. Doch vor den Sundowner hatten die Götter (also die Engländer) die lange Hose gesetzt; am Eingang fing mich ein Zerberus ab, der mich darauf aufmerksam machte, daß "Members of the Public in inappropriate clothing", also ich mit meinen kurzen Hosen keinesfalls das Hotel betreten könnte, zumindest nicht, solange ich nicht Gast wäre; die Ladenzeile hier sei mir da aber sicher behilflich (Gucci, Versace, Armani & the like... ). Da aber das nicht gerade mein Eindruck von studentenfreundlicher Geldbeutel war, bin ich noch etwas weiter durch typische einfachste Häuser: es stimmt schon, sooo dicht beisammen wie hier sind Reichtum und Armut sonst nicht. Immerhin neben der Terrasse des Shangri La ans Wasser gekommen, von wo aus ich immerhin die extremen Farben des Sonnenunterganges durch die Rohbauten auf der anderen Uferseite hindurch beobachten konnte (übrigens Philipp Holzmann). Stimmt schon, Luftverschmutzung macht spektakuläre Sonnenuntergänge (Mie-Streuung an Aerosolen, oder nicht?).
Nach dieser Pleite, bei der ich immerhin sehr billige Markenpoloimitate entdeckt hatte, bin ich zurück ins Hotel, habe meine Kamera eingeschlossen, etwas gegessen (undefinierbare Garküche), und bin weiter ins YMCA, wo wir den Treffpunkt für den Abend ausgemacht hatten. Von dort aus war es nur noch ein Katzensprung rüber nach Patpong. Der Nachtmarkt dort ist, mei, ein Nachtmarkt halt, mit Kleidung (vor allem Imitaten), Schmuck, Souvenirs und sonstigen Kleinigkeiten. Aber deswegen waren wir ja nicht dort, sondern um in ein oder zwei der zahlreichen Shows zu gehen; ein Bekannter von John hatte geschwärmt von zwei Clubs, irgendwas mit Queen's Castle und Pussy Galore, ein Name, der einen alten Bondfan natürlich sofort elektrisiert (den hübschen amerikanischen Hintersinn bekam ich erst viel später raus...). Die Clubs dort sind im 1. Stock, bissl schummrig, ohne Eintritt, nur ein Bier Konsum erwarten sie schon, das aber auch nur 4 oder 5 DM kostet; das Geld wird wohl gemacht mit den Mädels, die sich ungefragt auf den Schoß setzen und ebenso ungefragt einem verschiedene Dienstleistungen aufdrängen. Dadurch, daß wir zwei Paare waren, wurden wir wohl für ein Bier in Ruhe gelassen, erst beim zweiten werden die Mädel richtig aufdringlich. Das Ambiente ist dunkel, laute Discomusik, eine quadratische erhöhte Tanzfläche in der Mitte, für die Show, eine Bar an allen vier Seiten außenrum, an den Wänden entlang nochtmal eine Plüschbank und kleine Tischchen, und ganz außenrum Spiegel. Wir haben uns erstmal ein freies Plätzchen an der Wand gesucht. 4 Bier, und währenddessen Mädels, die nackt oder nicht mit Heels oder nicht tanzten, wilde Verrenkungen machten (eine hatte einen guten Spagat drauf, die anderen faketen, so gut sie konnten). Zwischendrin immer wieder Showeinlagen, zwei Mädels, miteinander schmusend, eine (gute!) fast nackte Feuerschluckerin, die als besonderen Trick Feuer auf die Zunge nahm und damit die andere Fackel anzündete, und der live act, der toll choreographiert war, auch wenn ich mir kaum vorstellen kann, selber einen derartig häufigen Posenwechsel entspannend zu finden. Als uns dann die Mädels doch recht dicht auf die Pelle rückten, war's Zeit, das Etablissement zu wechseln und diesmal doch ins "Pussy Galore" vorzustoßen. Beondere Spezialität hier war das Hervorbringen verschiedener Gegenstände aus der Leibesmitte, darunter eine lange Schnur mit etwa 13 Glöckchen und eine Schnur mit Rasierklingen, mit Hilfe derer ein anderes Mädchen eine Papierfigur schnitzte. Recht scary.

5. Tag

Kein guter Tag; zuerst fuhr ich zum Wat Suthat mit tollen Wandmalereien, wo ich von einem Typen angeschwatzt wurde, der sich als Polizist ausgab und ... keine Details hier, jedenfalls endete es damit, daß ich einen 200-DM-Saphir für 1000 US$ kaufte. Wasn Blödsinn. Merke: nur weil Dir mehrere dasselbe erzählen, heißt das nur, das alle den gleichen Trick versuchen. Von dort aus bin ich weiter nach Wat Arun, ein sehr schöner Tempel auf der anderen Flußseite, mit einer steilen Treppe, die auf den mittleren Turm hochführt; dort habe ich viel geschrieben, eine Ananas gekauft, die fünfmal so teuer war wie in Chinatown, Sandalen, die vermutlich auch völlig überteuert waren und meinen linken Fuß hinten aufscheuerten, bis ich dort die Sandale etwas umschnitzte, und eine Wurst von einem fahrenden Händler, die ich mir besser gespart hätte, jedenfalls war die Nacht recht unangenehm und die folgende Woche immer noch nicht toll.

6. Tag

Grand Palace. Gerade noch rechtzeitig zum Frühstück gekommen, dann mit dem Taxi (der ohne besondere Einladung von selber den Taxameter benutzte!) zum Grand Palace, der wohl eindrucksvollsten Sehenswürdigkeit hier. Die Wandmalereien des Tempels von Wat Phra Keo sind toll, das Modell von Angkor Wat groß, die drei heiligen Türme in den drei Bauformen gleich nebeneinander außergewöhnlich (eine Stupa, ein Prang und ein Chedi), der Tempel prachtvoll und der Palast seltsam, mit einem Unterbau im Stile der italienischen Renaissance und einem thailändischen Dach. Hier war es auch extrem voll, offenbar ist das auch für die Touris die Nr.-1-Sehenswürdigkeit.
Kurz vor der Schließung bin ich dann noch ins National Museum geschlüpft, was sehenswert war und einen putzigen Abriß über die Geschichte hatte, immer wieder in Krippen- oder Originalgröße mythische Szenen. Dann schon heim, packen und schlafen, schließlich ging am nächsten Morgen um bissl vor 5 mein Taxi zum Flughafen.

7. Tag

Flug nach Hong Kong. Bangkoks Don Muang Airport: mitten in der nacht, dafür ohne Stau.


Das Bangkok-Resumee: Megalopolis, Nepper, Schlepper, Bauernfänger, freudliche Leute, wenn sie nicht gerade davon leben, Touris auszunehmen, mit Begeisterung dabei, dem Fremden zu helfen, grauenhafter Verkehr, schlechte Luft, heiß, feucht, Garküchen überall, eindrucksvolle Tempel, irrsinnige Mengen an Buddhastatuen, irrsinnig viele Baustellen, meist über 100 m, Venedig des Ostens, war wohl mal richtig, aber inzwischen sind die Klongs alle zugeschüttet, HBO, eine Lebensmittelvergiftung, billig zu leben, wenn man nicht zuviel fürs Hotel zahlt, und definitiv keine Stadt zum Laufen.
Fragen, Kritik, Anregungen an Gregor Giebel.
© Gregor Giebel 1995

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